Am letzten
Samstag zwischen 17:00 und 22:00 Uhr war die Noel Night in Midtown Detroit angekündigt.
Natürlich wollte ich mir anschauen, was sich hier für ein Event hinter dem
Begriff Noel Night verbirgt. Ich bin allerdings schon um 14:00 gestartet, um an
einer kleinen Architekturführung im Fisher Building teilzunehmen.
Die Fisher
Brüder, insgesamt sieben an der Zahl, geboren zwischen 1878 und 1902 haben mit
ihrem Start-up Unternehmen, das 1908 gegründet wurde, einen Paradigmenwechsel
in der Automobilgeschichte eingeleitet. Nicht nur Autofahren, sondern auch
schon alleine das Auto zu starten, war zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine
nicht ganz ungefährliche Angelegenheit. Die Fischer Brüder waren die Erfinder und Entwickler
der geschlossenen Karosseriebauweise, die es nicht nur ermöglichte, das
Kraftfahrzeug bei Wind und Wetter geschützt zu fahren, sondern vor allem auch
für einen deutlichen Entwicklungsschub in der Sicherheitstechnik sorgte. Chassis wurden
für Ford, Cadillac, Studebaker, Buick und weiteren damals großen Autofirmen
entwickelt und gebaut. Als Dank an die Region, die nicht zu Letzt mit den
ansässigen Arbeitskräften die Fischer Brüder in kurzer Zeit zu enormen
Wohlstand gebracht hat, wurde Albert Kahn (der auch mein Apartmenthaus
entworfen hat) 1927 beauftragt, the most
beautiful building in the world zu bauen. Inwiefern der Auftrag erfüllt
wurde, bleibt dem Betrachter überlassen. Als gewerbliches Gebäude, das in den
ersten beiden Etagen heute Geschäfte des Einzelhandels beherbergt und in den oberen Stockwerten
unterschiedliche Unternehmen beheimatet, ist es ein sehenswertes Art Deco
Bauwerk. Leider war das Wetter an diesem Samstag sehr diesig, weshalb ich auf der Außenansicht keinen blauen
Himmel als Kontrast zur Steinfassade bieten kann.
Innendrin ist unglaublich viel Marmor und Bronze verbaut und die Decken sind aufwendig bemalt. Die Deckenhöhe der Passage ist beeindruckend, wenn man als Relation die Schaufensterhöhe im Erdgeschoss betrachtet. Im rechten Flügel befindet sich übrigens ein hauseigenes Theater. Dies war auch das erste Hochhaus, das über eine eigene Garage verfügt hat, die heute natürlich viel zu klein erscheint, aber früher als unglaublicher Luxus wahrgenommen wurde. Als weitere Innovation wurden in den Aufzugkabinen hier erstmals Druckknöpfe zur Steuerung durch die Fahrenden verbaut.
Von den Galerien in der zweiten Etage lassen sich interessante Perspektiven der Deckenbemalung und -konstruktion einfangen.
Nach ausgiebiger
Besichtigung war es dann auch schon kurz vor 17:00 Uhr und ich konnte die Noel Night von Norden
kommend begehen. Die Noel Night spielt sich rund um die Woodward Avenue in
einer Länge von etwa zwei Kilometern ab. Kulturelle Institutionen, wie
beispielsweise Museen haben kostenfrei geöffnet und bieten Aktionen für Kinder
an. Vor dem Detroit Institut of Art haben in einem mit Flatterband abgesperrten Bereich Künstler
mit Motorsägen mannshohe Eisblöcke in Skulpturen verwandelt. Galerien und
Geschäfte laden mit kostenfreien Getränken und Keksen Kunden ein. DJs haben
Platten aufgelegt, Bands haben gespielt oder Musiker habe mit Djs gemeinsam
musiziert. Das Detroit Symphonie Orchestra habe ich nicht mehr erlebt, da meine
Füße irgendwann dann doch zu kalt wurden und ich zügig nach Hause marschiert
bin.
Insgesamt 70
Institutionen waren im Programmflyer gelistet. Letztes Jahr hat die Noel Night
etwa 30.000 Besucher nach Detroit gezogen. Dieses Jahr waren es sicherlich nicht weniger.
Die Woodward Avenue war teilweise für den Verkehr gesperrt und natürlich wurde
für die zwei Kilometer ein kostenfreies, zirkulierendes
Transfer-Bus-System eingesetzt. Auch Kutschen waren im Einsatz. Einige Pavillons
boten typisch amerikanische Snacks. Der Stand, der Premium-Popkorn verkauft hat,
beschäftigte einen Angestellten ausschließlich damit, die vorbeilaufende Bevölkerung
aufzufordern beide Hände zu einer Schale zu formen, um dann einen Berg
Premium-Popkorn hinein zu gießen, der verköstigt werden konnte. Dankend habe ich
dieses Angebot, wie eigentlich jeder andere auf der Straße, angenommen. Und in
der Tat, das war wirklich gute Qualität, nur anschließend hatte ich, so wie
wohl auch jeder der tausend anderen Verköstigten, total klebrige Hände.
Bei unglaublich vielen Gelegenheit konnte man sich mit einem männlichen oder
auch weiblichen Santa Claus fotografieren lassen. In der Shopping Mall, die ich
heute abend besucht habe, um endlich Winterschuhe zu kaufen, standen die
Familien dafür in einer dreißig Meter langen Schlange. Ich habe von diesem
Angebot abgesehen, da ich immer dran denken muss, ob nicht Billy Bob Thornton
aus dem Film Bad Santa unter dem
Kostüm steckt.
Gut gefallen hat mir bei der Noel Night auch als plötzlich neben mir eine unauffällig
gekleidete Personengruppe sich spontan als Chor von 30 bis 40 Sängerinnen und Sänger entpuppt hat und ohne große Ankündigung
von den Jackson 5 ABC angestimmt hat.
Mein Fazit
lautet: Detroit hat nicht nur viel - vor allem aus der jüngeren Geschichte - zu entdecken, sondern bietet den Bewohnern
und Besuchern auch wirklich abwechsungsreiche Events an.