Donnerstag, 10. Dezember 2015

Noel Night in Midtown Detroit



Am letzten Samstag zwischen 17:00 und 22:00 Uhr war die Noel Night in Midtown Detroit angekündigt. Natürlich wollte ich mir anschauen, was sich hier für ein Event hinter dem Begriff Noel Night verbirgt. Ich bin allerdings schon um 14:00 gestartet, um an einer kleinen Architekturführung im Fisher Building teilzunehmen.
Die Fisher Brüder, insgesamt sieben an der Zahl, geboren zwischen 1878 und 1902 haben mit ihrem Start-up Unternehmen, das 1908 gegründet wurde, einen Paradigmenwechsel in der Automobilgeschichte eingeleitet. Nicht nur Autofahren, sondern auch schon alleine das Auto zu starten, war zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine nicht ganz ungefährliche Angelegenheit. Die Fischer Brüder waren die Erfinder und Entwickler der geschlossenen Karosseriebauweise, die es nicht nur ermöglichte, das Kraftfahrzeug bei Wind und Wetter geschützt zu fahren, sondern vor allem auch für einen deutlichen Entwicklungsschub in der Sicherheitstechnik sorgte. Chassis wurden für Ford, Cadillac, Studebaker, Buick und weiteren damals großen Autofirmen entwickelt und gebaut. Als Dank an die Region, die nicht zu Letzt mit den ansässigen Arbeitskräften die Fischer Brüder in kurzer Zeit zu enormen Wohlstand gebracht hat, wurde Albert Kahn (der auch mein Apartmenthaus entworfen hat) 1927 beauftragt, the most beautiful building in the world zu bauen. Inwiefern der Auftrag erfüllt wurde, bleibt dem Betrachter überlassen. Als gewerbliches Gebäude, das in den ersten beiden Etagen heute Geschäfte des Einzelhandels beherbergt und in den oberen Stockwerten unterschiedliche Unternehmen beheimatet, ist es ein sehenswertes Art Deco Bauwerk. Leider war das Wetter an diesem Samstag sehr diesig, weshalb ich auf der Außenansicht keinen blauen Himmel als Kontrast zur Steinfassade bieten kann.
Innendrin ist unglaublich viel Marmor und Bronze verbaut und die Decken sind aufwendig bemalt. Die Deckenhöhe der Passage ist beeindruckend, wenn man als Relation die Schaufensterhöhe im Erdgeschoss betrachtet. Im rechten Flügel befindet sich übrigens ein hauseigenes Theater. Dies war auch das erste Hochhaus, das über eine eigene Garage verfügt hat, die heute natürlich viel zu klein erscheint, aber früher als unglaublicher Luxus wahrgenommen wurde. Als weitere Innovation wurden in den Aufzugkabinen hier erstmals Druckknöpfe zur Steuerung durch die Fahrenden verbaut.

Von den Galerien in der zweiten Etage lassen sich interessante Perspektiven der Deckenbemalung und -konstruktion einfangen.




 Nach ausgiebiger Besichtigung war es dann auch schon kurz vor 17:00 Uhr und ich konnte die Noel Night von Norden kommend begehen. Die Noel Night spielt sich rund um die Woodward Avenue in einer Länge von etwa zwei Kilometern ab. Kulturelle Institutionen, wie beispielsweise Museen haben kostenfrei geöffnet und bieten Aktionen für Kinder an. Vor dem Detroit Institut of Art haben in einem mit Flatterband abgesperrten Bereich Künstler mit Motorsägen mannshohe Eisblöcke in Skulpturen verwandelt. Galerien und Geschäfte laden mit kostenfreien Getränken und Keksen Kunden ein. DJs haben Platten aufgelegt, Bands haben gespielt oder Musiker habe mit Djs gemeinsam musiziert. Das Detroit Symphonie Orchestra habe ich nicht mehr erlebt, da meine Füße irgendwann dann doch zu kalt wurden und ich zügig nach Hause marschiert bin.
Insgesamt 70 Institutionen waren im Programmflyer gelistet. Letztes Jahr hat die Noel Night etwa 30.000 Besucher nach Detroit gezogen. Dieses Jahr waren es sicherlich nicht weniger. Die Woodward Avenue war teilweise für den Verkehr gesperrt und natürlich wurde für die zwei Kilometer ein kostenfreies, zirkulierendes Transfer-Bus-System eingesetzt. Auch Kutschen waren im Einsatz. Einige Pavillons boten typisch amerikanische Snacks. Der Stand, der Premium-Popkorn verkauft hat, beschäftigte einen Angestellten ausschließlich damit, die vorbeilaufende Bevölkerung aufzufordern beide Hände zu einer Schale zu formen, um dann einen Berg Premium-Popkorn hinein zu gießen, der verköstigt werden konnte. Dankend habe ich dieses Angebot, wie eigentlich jeder andere auf der Straße, angenommen. Und in der Tat, das war wirklich gute Qualität, nur anschließend hatte ich, so wie wohl auch jeder der tausend anderen Verköstigten, total klebrige Hände. Bei unglaublich vielen Gelegenheit konnte man sich mit einem männlichen oder auch weiblichen Santa Claus fotografieren lassen. In der Shopping Mall, die ich heute abend besucht habe, um endlich Winterschuhe zu kaufen, standen die Familien dafür in einer dreißig Meter langen Schlange. Ich habe von diesem Angebot abgesehen, da ich immer dran denken muss, ob nicht Billy Bob Thornton aus dem Film Bad Santa unter dem Kostüm steckt. 
Gut gefallen hat mir bei der Noel Night auch als plötzlich neben mir eine unauffällig gekleidete Personengruppe sich spontan als Chor von 30 bis 40 Sängerinnen und Sänger entpuppt hat und ohne große Ankündigung von den Jackson 5 ABC angestimmt hat.
Mein Fazit lautet: Detroit hat nicht nur viel - vor allem aus der jüngeren Geschichte - zu entdecken, sondern bietet den Bewohnern und Besuchern auch  wirklich abwechsungsreiche Events an.

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