Dieser tradierte
Spruch sagt mir, dass Nahrungsaufnahme
nicht nur Voraussetzung ist für ein biologisches Leben, sondern daneben auch
das Geistige des Menschen bedient und beides im Gleichgewicht halten soll. Die jeweilige Qualität der Lebensmittel, Essgewohnheiten oder Nahrungsaufnahme
kann dann auch, in kollektiven Mustern gedacht, eine Stellschraube für die homogene Entwicklung von Geist
und Kultur darstellen. Neben diesem Gedankengang hat in meinem Leben die Qualität
von Lebensmitteln (wie der Begriff schon selbst sagt) grundsätzlich einen hohen Stellenwert. Ich denke es ist Zeit meine bisherigen Erfahrungen und Einsichten,
was Essen und Trinken betrifft hier einmal zu dokumentieren.
Grundsätzlich ist
Essen in Restaurants sehr verbreitet, was die Häufigkeit und auch die
Spannweite gesellschaftlicher Schichten betrifft. Der Begriff des Restaurants
ist allerdings besser mit den amerikanischen Bezeichnungen der Diners, Drive
Ins und Dives zu kategorisieren. Ausgeschlossen habe ich davon jetzt Restaurants,
in denen mehrgängige Menüs mit einzelnen Gängen à la carte bestellt werden
können. Die es hier zwar gibt, ich aber noch nicht besucht habe. Wir enden also hier in der Mittelklasse. Was nicht
heißen soll, dass man in Diners, Drive Ins und Dives zwangsläufig nicht gut
Essen kann. Gleichwohl hier deutlich fetthaltig gekocht wird, bzw. mit Fritteuse gearbeitet
wird. Findet man allerdings unabhängige Läden, die also nicht zu großen Ketten
gehören, kann man mitunter für knappe 15$ eine ordentliche Portion essen, dazu
so viel trinken (alkoholfrei), wie man möchte und hat auch schon 20% Trinkgeld
bezahlt.
Ich empfinde das
Ritual angenehm, dass in jeder Lokalität erstmal ein großes Glas Wasser mit Eis
– kostenfrei - auf den Tisch gestellt wird, bevor auch nur die Bestellung aufgegeben
wird. In den ersten Tagen nach meiner Ankunft habe ich das Trinkwasser aus dem
Wasserhahn noch als ungenießbar bezeichnet, aufgrund des für mich ungewohnten
Chlogehaltes, so ertappe mich mit der Zeit zunehmend dabei, das Wasser auch zu
trinken. An den Chlorgeschmack scheine ich mich gewöhnt zu haben. Vielleicht
bewahrt mich das auch bis zu einem gewissen Grad vor bakteriellen Infektionen.
Bestellt man ein alkoholfreies Getränk und ist es zur Hälfte getrunken, erhält
man in der Regel von aufmerksamen Bediensteten unaufgeforderte Refills, also regelmäßiges Nachfüllen des
Glases bis man das Lokal verlässt.
Insgesamt wird
hier weniger Gemüse und deutlich mehr Fleisch, vor allem viel Hühnchen zu sich
genommen, davon habe ich persönlich hier allerdings rigoros Abstand genommen. Auch
ist der Anteil von Fleisch an einem Gericht hier erheblich höher als in
Deutschland. Auf die Spitze getrieben wird das dann in Restaurants, die sich
aufs Grillen spezialisiert haben, wie z.B. Slows Bar-B-Q in Detroit. Von
Kollegen habe ich gehört, dass man als Deutscher da mal rein sollte. Ich war
alleine dort und habe einen Burger mit Pulled Pork gegessen. Von der
Qualität war das in Ordnung, der Preis mit einem Glas Bier lag aber über 20$ und
damit zu teuer für das Gebotene. Ich stellte jedoch die Ausnahme dar mit meinem
Burger. Die Platznachbarn neben mir hatten entweder Rippchen oder Pulled Pork
bestellt, und das heißt, man erhält einen weißen Teller mit einer Portion
Pulled Pork auf dem Teller, die mengenmäßig einem horizontal halbierten Fußball
gleicht, und sonst nichts dazu, oder halt zwei riesige schwarze Rippenbögen und
sonst nichts dazu. Soßen, die man selbst auswählen kann, vor allem für die Rippchen,
werden vom Kellner in Plastikflaschen auf den Tisch gestellt. Mein Platznachbar
hat sich allerdings noch eine Beilage zu seinem Haufen Pulled Pork bestellt. Er
erhielt ergänzend noch einen kleinen Teller mit einer Wurst, die man in Deutschland als Krakauer bezeichnen würde.
Essen ist hier ein eher unmittelbarer Akt, auf eine Verlängerung des Leibes mit Besteck wird soweit wie möglich
verzichtet. Rippchen werden natürlich wie Burger – auch die Burger für 10 oder mehr $ im
Restaurant – mit den Fingern gegessen. Ich kann mich noch gut dran erinnern, als ich
am ersten Abend meiner Anreise nach vielen Stunden Wachzustand vom Flug abends
vom Präsidenten unserer kleiner Tochterfirma zum Essen eingeladen wurde und wir
beide Burger bestellten. Neugierig habe ich abgewartet, wie jemand in gehobener
Stellung das Ding jetzt ist. Die feine amerikanische Art, wie ich es auch zu
anderen Zeitpunkten in den kommenden Wochen beobachten
konnte, geht folgendermaßen: Man nimmt das Messer und teilt den Burger in der
Mitte hälftig. Nach diesem einmaligen grob-chirurgischen Eingriff auf dem
Teller, wird das Messer zur Seite gelegt und nicht mehr benötigt. Die
Burgerhälften werden dann mit der Hand gegessen. Pommes Frites ißt man sowieso
auch vom Porzellanteller mit der Hand. Pizza ißt man in Pizzerien übrigens auch
komplett besteckfrei. Auf Hinweis eines Arbeitskollegen und der Rezension des berühmten
Guy Fieri habe ich Supino’s Pizza in Detroit besucht und wurde nicht
enttäuscht. Wirklich eine schöne Qualität mit dünnem Boden, knuspirg und geschmackvollem Belag. Nicht
wie die typischen deep-dish Pizzen, die über eine Stunde in den Ofen müssen und
typisch für Chicago sind. Hier übrigens die 3-minutige Rezension von Guy. Man
sieht am Ende, wie die Gäste die Pizza bestecklos von der aus Aluminium
bestehenden Tortenplatte essen. Auch einem einzelnen Gast wird die Pizza
übrigens so serviert. (http://www.foodnetwork.com/restaurants/mi/detroit/supino-pizzeria-restaurant/supino-pizzeria-videos.html)
(Die typische drei Minuten Guy Fieri Rezension ist in zwei Videos aufgeteilt,
damit man auch keine Werbung verpasst!)
Bemerkenswert
finde ich, dass Kartoffelchips in kleinen eingeschweißten Tüten so wie sie auch
käuflich im Supermarkt zu erwerben sind, als Essensbeilage mittags oder abends, z.B. zu einem Sandwich
serviert und von den Kunden gerne in Anspruch genommen werden.
Im Verhältnis zu
den Lebensmittelpreisen, lässt es sich insgesamt in den einfachen Restaurants günstig satt
werden und mit ein wenig Kenntnis der örtlichen Restaurantszene auch gar nicht mal so
schlecht.
Obwohl eigentlich
anders erwartet vor der Anreise sind im
Verhältnis zu Deutschlandland die Lebensmittelpreise hoch und die Qualität
begrenzt. Ich habe in den letzten Tage zum dritten und wohl vorläufig letzten
Mal Mandarinen gekauft. Gerade beim letzten Mal habe ich die Teuersten für 8$
das Kilo gekauft und nach dem Schälen hat man schon fast Trockenfrüchte in der
Hand. Interessant finde ich, dass es in der Gemüseabteilung in Supermärkten
etwa armlange Aloe Vera Blätter aus Mexiko zu kaufen gibt. Hier muss ich mich
unbedingt mal erkunden, wozu die in der Küche verwendet werden. Viel Obst und
Gemüse gibt es schon geschnitten und geschält im Kühlregal. Vermutlich sind das Tätigkeiten, auf die man hier gerne verzichtet.
Bisher habe ich nur einmal geschälte kleine Möhren gekauft, die allerdings so
muffig geschmeckt haben, dass ich den Rest sofort entsorgt habe. Milch im
frischen Zustand, idealerweise nicht homogenisiert und nicht pasteurisiert ist
mir noch nicht gelungen zu erwerben. Jeglicher Milch ist hier auch Vitamin D
zugesetzt – wozu auch immer. Dem Trinkwasser wird neben Chlor übrigens auch
Flourid zugesetzt. Äpfel, die ich sehr gerne esse, gibt es in großer Vielfalt,
was nicht ungewöhnlich ist zu dieser Jahreszeit. Was mich etwas beunruhigt ist,
dass je Sorte – auch bei Bioprodukten – jeder Apfel dem anderen eins zu eins gleicht
und makellos ist. In Deutschland kaufe ich bewusst Äpfel, die an der Schale
auch mal vereinzelte rauhe Stellen oder etwas Schorf oder wie man das auch
immer bezeichnet, aufweisen. Neben der Tatsache, dass ich solche Äpfel als natürliche Lebensmittel verstehe,
weisen diese schorfigen Stelle letztlich auch die Vitamin C Konzentrationen
auf.
Gehobene Supermärkte
backen auch viel selber, wie z.B. Kekse. Vom Ansatz her finde ich das toll, täglich
frisch gebackene Kekse kaufen zu können, allerdings sind hier alle Kekse weich
und von der Konsistenz so, als wenn man in Deutschland die geöffnet Packung
drei Tage in der Sonne liegen lässt. Naja, zumindest krümeln die Kekse hier
nicht.
Zum Thema Bier habe ich mich schon einmal geäußert und kann das Geschriebene nur unterstreichen. Freue ich
mich in Deutschland in Restaurants oder Kneipen auf ein frisch gezapftes Bier,
werde ich das hier tunlichst vermeiden, gezapftes Bier zu bestellen. Denn in
der Regel sind die Konzern-/Industriebiere wie Budweiser oder Miller am
Zapfhahn. Sogenanntes Craft-beer sind eher in Flaschen erhältlich. Ich trinke gerade jetzt im Moment eine Flasche Bellaire Brown Ale von
Short’s Brew. Joe Short kommt aus dem Norden von Michigan, wo die Bevölkerungsdichte
sehr gering ist und die Winter richtig kalt sind, hat die Schule früh beendet und
bei Brauereien gejobbt, bevor er sich mit Anfang Zwanzig selbständig gemacht
hat. Mittlerweile ist Joe Short 13 Jahre im Geschäft und bringt pro Jahr
teilweise 100 verschiedene Sorten Bier in kleiner Auflage auf den Markt. Seine Biographie
entspricht einem amerikanischen Ideal des Entrepreneurs, der von Null anfängt, hart
arbeitet aber auch Spaß an der Arbeit hat und cool drauf ist. Viele seiner Mitarbeiter, die
überwiegend ähnlich alt sind wie Joe tragen auch alle Bart, aber das liegt vermutlich an der Region im Norden Michigans. Zum 10-jährigen Bestehen wurde ein
schönes, 9-minutiges Video über ihn und seine Firma gedreht, das man sich hier
anschauen kann. https://youtu.be/TXV7BQAiv8c
Solchen Leuten kaufe ich doch lieber Bier ab, als den großen
Industriebrauereien.
Nochmal was ganz
anderes: Es hat mich schon betroffen gemacht, dass ich letzte Woche Freitag und
Samstag während der längeren Autofahren aus den Radiosendern, die ich bisher gehört habe keine Infos über die
Situation in Frankreich erfahren habe. In den Sendern läuft nur Musik oder Werbung.
Jetzt habe ich nach systematischer Suche auch NPR gefunden, National Public
Radio. Hier laufen ausschließlich gesprochene Sendungen und die wenige Werbung wird
vom Sprecher verlesen. Das ist eine sehr informative und besonnene Abwechslung. Die Terroranschläge
in Frankreich haben hier übrigens auch eine breite politische Debatte
ausgelöst, ob man zukünftig überhaupt noch Flüchtlinge aus Syrien in den USA aufnehmen
soll oder gar allen Flüchtlingen aus dem mittleren Osten überhaupt die Einreise
verweigern soll zum Schutz der Bevölkerung. Jepp Bush hat den Vorschlag verbreitet, nur noch dem
Christentum angehörige Syrer aufzunehmen, Trump will das Problem komplett in
Syrien lösen. Globale humanitäre Unterstützungsleistungen rücken schnell in den Hintergrund,
wenn man vermeintlich die eigene Bevölkerung schützen möchte. Dass die USA aufgrund
ihrer geographischen Lage eine ganz andere Zugangskontrolle für Flüchtlinge per Hafen oder
Flughafen hat als Deutschland oder Europa, vermisse ich noch in der gegenwärtigen Diskussion.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen