Sonntag, 22. November 2015

Stevie Wonder in hometown



“Songs in the key of life“ wurde 1976 vom Motown Label in Detroit veröffentlicht. Weit über 100 Musiker wirkten an dem Album mit, das Stevie Wonder in zweijähriger Arbeit komponierte, arrangierte, mehrere Instrumente spielte und weitestgehend den Lead-Gesang übernahm. Das Album markiert nicht nur im Werk von Stevie Wonder den Höhepunkt seines Schaffens, sondern zählt auch zu den herausragenden Alben der populären Musik des 20. Jahrhundert. Gerade die diversen Musikstile, die von den einzelnen Songs aufgenommen werden, zeigen die Vielseitigkeit und außergewöhnliche Fähigkeiten des Künstlers. Knapp 40 Jahre nach dem Erscheinen des Albums entschied sich Stevie Wonder wieder auf US-Tour zu gehen und „Songs in the key of life“ vorzutragen.  
Gestern Abend, am 21.11.2015, fand die vorletzte Station der Tournee in seiner Heimatstadt Detroit statt, wo er übrigens  bei dem hier ansässigen Motwon-Label seit 1961 unter Vertrag steht.
Beim Einlass in die Joe Louis Arena schienen gestern die Metalldetektoren aktiv geschaltet zu sein. Nachdem ich aufforderungsgemäß nur Telefon und Geldbeutel der behandschuhten Dame neben dem Metalldetekor ausgehändigt habe, durfte ich dann ein zweites Mal durch die Schleuse gehen und jetzt auch Schlüssel und alle anderen metallenen Gegenstände aus meinen Taschen hervorkramen.
Im Vergleich zur Nationwide Arena in Columbus (Ohio) ist die Joe Louis Arena in Detroit schon ganz schön in die Jahre gekommen. Die mit rotem Kunstleder bezogenen Klappsessel haben eine zu kurze Obschenkelauflagefläche und sind im Winkel zwischen Rückenlehne und Sitzfläche zu spitz, um längere Zeit bequem sitzen zu können.  Auch die Beinfreiheit vor dem Sessel entspricht nicht heutigen Standards. Hat die Dame vor mir im Rang ihre Kopf gestreckt, berührte sie immer mal wieder mein Knie.
Das Publikum der Veranstaltung trägt endlich mal mehr der Bevölkerungszusammensetzung in Detroit Rechnung – wenn auch nicht rechnerisch. Ich würden tippen, dass etwa 60% der Konzertbesucher Schwarze waren. Interessant fand ich, dass die Schwarzen häufig als erkennbare Pärchen oder Ehepaare die Veranstaltung besuchten. Weiße sind man mitunter mehr in Freundeskreise oder homogenen Grüppchen von Frauen oder Männern. Viele dieser Herren mussten sich mit Stock oder anderen Gehhilfen abmühen, um auf die oberen Ränge zu gelangen. Nichtwenige dieser älteren schwarzen Herren zeigten Stil – ganz im Gegensatz zu den weißen Konzertbesucher -  und trugen Anzug, Krawatte oder Fliege und Hut. Auch die älteren schwarzen Damen präsentierten gerne mit Pailletten besetzte Oberteile oder andere Kleidungsstücke, mindestens aber eine Handtasche, die auch aus weiter Entfernung glitzern leuchtet. An Goldschmuck an Fingern, Handgelenken und Hals wurde hier auch nicht gespart.
Um dem komplexen Arrangement des Albums gerecht zu werden, hat Steve Wonder eine entsprechende Entourage mitgebracht. So könnte man sagen, dass die „Band“ aus 42 Musikern bestand, wovon von alleine zehn Streicher, sechs Bläser und ein Chor von zehn weiteren Sängern zu gegen war.
Gegen 20:30 wurde Steve auf die Bühne geführt und hielt als erstes ,eine mehrere Minuten dauernde politische Ansprache, die immer wieder mit tobendem Applaus quittiert wurde. Die Anschläge von Paris haben ihm das Herz brechen lassen, in den USA brauchen wir viel strenger Regelungen über den Besitz von Schusswaffen, und als einprägsames Zitat: Nothing that has to do with killing anyone will get you into heaven.
Der Vortrag der Songs folgte nicht der reinen Lehre. Zwischen den Songs gab es viel Kommunikation zwischen Stevie und dem Publikum aus seinem Hometown. Für manche Stücke bzw. Solos wurden lokale Gastmusiker aus Detroit auf die Bühne gerufen. Bei der Vorstellung der Backgroundsängerinnen - alles attraktive junge Damen in eng anliegenden, kurzen Kleidern - durfte jede eine Strophe eines Liedes ihrer Wahl vortragen, um die Gesangsqualität auch individuell unter Beweis zu stelle, so wie auch die anderen Musiker jeweils Solo-Parts, teilweise mit Ankündigung, erhielten, um in Erscheinung zu treten. Beim Mundharmonika-Solo des Detroiter Gastmusikers kamen Stevie die Tränen, sowie auch beim Applaus nach dem Stück „Joy inside my tears“. In „Easy going evening“ wurde das Star Spanngled Banner Thema reingeflochten. Für ein anderes berühmtes Kind aus Detroit, Aretha Franklin, hat er auf dem Klavier „Respect“ angespielt und komplett das Publikum singen lassen. Als Zugabe hat er Musikraten mit dem Publikum gespielt: Er hat bekannte Stücke anderer Künstler angespielt, die das Publikum gesungen hat, mit der Frage: Whats my name?
Abschließend gab es dann noch eine ausgiebige Jam-Session zu Superstition. Um 00:30 verschwand er von der Bühne mit den Worten: I love you. I hope you can feel my love tonight und das Licht ging wieder an. Das war großes Entertainment mit ergreifender Musik. 
Abschließend ein kleiner audiovisueller Eindruck von Sir Duke:

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