Nahtlos kann ich
hier mal an meinen letzten Beitrag anknüpfen. Nachdem ich letztes Wochenende
Bekanntschaft mit den Life Savers Wint-O-Green Produkt machen durfte, kam mir
am Montag im Büro die Idee, die vorhandene Packung für einen kleinen sensorisch-kulturellen
Test einzusetzen.
Dienstag
vormittags habe ich also die Packung im Büro die gezückt und einer amerikanischen
Zellennachbarin und einem weiteren Zellennachbar jeweils ein Wint-O-Green offeriert.
Unter Zelle verstehe ich hier einen durch drei ca. 1,5 m hohe Raumteiler,
U-Förmig aufgestellten Raum. (Um den Nachbarn zu sehen, muss man sich also
Stuhl erheben) Beide haben dankbar angenommen und sofort das Produkt im Mund
verschwinden lassen. Während ich auf den Moment des Ekelns meiner
Zellennachbarn unruhig gewartet habe, lächelte mich die Kollegin an und sagt nur „Oh,
my favorite flavour!“. Auf meine erstaunte Rückfrage, ob denn das Bitzeln auf
der Zunge sie nicht irritiere, kam lapidar die Antwort, dass ja genau das das Tolle
an dem Produkt ist. Während dieser Konversation begab sich ein vor etwa zwei
Jahren aus Deutschland immigrierter Kollege zu uns. Auch er hat dankbar aus
meiner Tüte ein Produkt, das er bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht kannte -
entnommen, geöffnet und im Mund verschwinden lassen. Es dauerte keine drei Sekunden,
bis er mit gezieltem Griff den Papierkorb unter meiner Arbeitsfläche hervor
gezogen und das Produkt aus seinem Mund mit Hilfe der Gravitationskraft in den
Papierkorb befördert hatte. Damit wäre für mich der Beweis erstmal erbracht,
dass es sich nicht um eine individuelle Geschmackverirrung bei mir handelt.
Am Donnerstag und
Freitag hat eine Veranstaltung unseres Konzerns in der Nähe des Chicagoer
Flughafens stattgefunden. Liebe Leser, ratet mal, was im Veranstaltungssaal auf
einem Tisch neben einem Bündel Kugelschreiber und Blöcken mit Hotelwerbung
stand? Richtig: Eine Keramikschale voll mit Life Safers. Ich habe mich sofort
drüber gebeugt und die Geschmacksrichtung Wint-O-Green identifiziert. Scheint hier
wohl doch ein Mainstream-Geschmack zu sein. An Wint-O-Green scheiden sich die Geister der Kulturen.
Freitagnachmittag
habe ich mich dann spontan ins Taxi unserer Brasilianischen Kollegen eingeladen
und bin so kostenfrei vor die Haustür meines Hotels in Chicago Downtwon
gekommen. Bei dem verbleibenden Tageslicht wurde dann noch schnell die nähere
Umgebung erkundet. Der nächste Morgen hat leider mit strömendem Regen gestartet
und leider auch bis zum späten Nachmittag angedauert. Fürs Frühstück habe ich mir
ein von Kunden sehr positiv rezensiertes Frühstückslokal in einer Entfernung von fünf Minuten Fußweg rausgesucht. Dort
angekommen habe ich realisiert, dass es zwar richtig war, eine Regenjacke einzupacken,
aber mit meinen Lederschuhen beide Füße jetzt schon an den Zehen nass waren.
Das war nicht angenehm, geriet aber für eine halbe Stunde in Vergessenheit, da
ich von einem Super Frühstück abgelenkt wurde: Tour de France wurde das Gericht genannt: drei verschiedene Scheiben French Toast (mein Favorit war aus Süßkartoffelmehl gebacken) mit drei Toppings und drei Fruchtsorten. Ich würde sagen: Armer-Ritter - at its best! Dann schnell zurück ins Hotel
und die Socken gewechselt, um mich nicht zu erkälten. Alternativ hatte ich nur noch meine Laufschuhe dabei,
die sich für trockene Füße überhaupt nicht anbieten, weshalb ich entschieden
habe, erstmal auf dem Bett liegen zu bleiben und Fernsehen zu schauen. Eine
tolle Sendung, die vormittags zu schauen ist,
trägt den Titel Ink Master.
Hier müssen drei Aspiranten nach bestimmten Vorgaben (vermeintlich) Freiwillige
vor laufender Kamera tätowieren, in gesetzten Zeitfenstern, z.B. 30 Stunden für
den gesamten Rücken. Eine Jury bewertet dann fachkundig die vollbrachten Werke
und krönt einen Sieger. Unter anderem wurde ich auch überrascht, dass ich zwei komplette
Spielfilme hintereinander schauen konnte, ohne eine einzige Werbeunterbrechung.
Scheinbar ist das doch möglich in den USA. Ich muss in Detroit in meinem
Apartment unbedingt diesen Sender finden. Insgesamt finde ich es ja
bemerkenswert hier, dass man in den USA vor Allem gewarnt wird, z.B. wenn eine
Rolltreppe endet, wird man von einer Stimme aus dem Off daran erinnert, dass
man bei Unachtsamkeit hier schnell hinfallen und sich verletzten kann. Andererseits
laufen mittags um 12:00 Uhr im Fernsehen Horror- und Kriegsfilme, die bei uns,
wenn überhaupt, dann nach 22:00 aus Gründen des Jugendschutzes gezeigt würden.
Mit dieser
Fernsehdröhnung kam ich mir in meinem Hotelzimmer wie in einer Gefängniszelle
vor, ich habe es bereut, nicht mit dem Auto die viereinhalb Stunden von Detroit
nach Chicago gefahren zu sein. Mit dem Auto, wäre ich auch im Regen mobil und
könnte irgendwo hinfahren, z.B. den Lake Michigan rauf oder runter. Zum Glück
hat gegen 17:00 Uhr der Regen endlich aufgehört und ich habe noch bis 22:00 Uhr
zu Fuß Chicago erkundet – welche Wohltat mich endlich wieder bewegen zu können.
Am Sonntag wurde
hier auf Winterzeit umgestellt, eine Woche nach der deutschen Zeitumstellung.
Mit der einen Stunde gefühltem Zeitgewinn und wolkenfreiem Himmel bin ich auf Erkundungstour
gestartet. In der fußläufigen Umgebung meines Hotels befindet sich ein
Planetarium, ein Aquarium mehrere Museen und auch zwei Aussichtsplattformen,
aus dem 103. Stock eines Wolkenkratzers. Mag sein, dass ich jetzt als knauserig
bezeichnet werde, aber ich war nicht bereit Eintrittspreise von 30 bis 40$ pro Programmpunkt
zu bezahlen. Auch der Chicago-Ausweis, mit dem man 4 Attraktionen besuchen kann
für nur 96$ (im Angebot!), finde ich für einen Tag recht zu teuer. Gegönnt habe
ich mir dann aber doch eine Architektur-Bootsfahrt auf dem Chicago River. Das
hat sich gelohnt. Architektur ist sowieso der bleibenden Eindruck dieser zwei Tage bei mir. Es ist wirklich beeindruck,
wie viele Stilrichtungen, von Gotik über Klassizismus bis Jugendstil und Art-deco
an den Wolkenkratzern zu entdecken sind – ohne das man den Eindruck hat, es
wäre artifiziell oder aufgesetzt. Insgesamt ist in Downtown alles sehr
gepflegt, vor allem auch die Grünanlagen, wie z.B. der schöne Millennium-Park,
so etwas wünsche ich mir auch in deutschen Großstädten. In Grünanlagen wird
zeitgenössische Kunst so integriert, dass es wirklich anfassabar ist und viele Menschen
anzieht und begeistert, wie z.B. die Brücke von Frank Gehry oder die Cloud
Gate. Anbei übrigens mal hier ein Foto der Cloud Gate als Suchbild: Wer findet
den Fotografen?
So, und zum Abschluss gibt es noch ein Architektur-Eindruck der Stadt vom Touri-Boot aus geschossen. In der Mitte sticht übrigens einer der TRUMP-Tower heraus.
Leider habe ich gerade
festgestellt, dass der Fernsehsender HBO, auf dem ich am Samstag tagsüber zwei
Spielfilme ohne Werbeunterbrechung schauen konnte, nur mit einem extra zu
bezahlenden Abonnement zu beziehen ist. Wäre doch zu schön gewesen...
Bin mal gespannt, ob das Hilton in Chicago
mir das noch extra in Rechnung stellt,
nach meinem Quick-Check-out, bei dem ich also nur die Zimmerkarte in den dafür vorgesehenen Briefkasten geschmissen
habe…
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen