Sonntag, 25. Oktober 2015

Sonntag - mal chronolgisch



Den Tag lasse ich mal heute chronologisch Revue passieren. Eigentlich wollte ich heute Morgen ausschlafen, was immer das auch heißt. Allerdings wurde ich gegen 07:30 Uhr durch ein Klappern, laute Männerstimmen und Hammergeräusche geweckt. Als diese Geräuschkulisse am heiligen Sonntag nach 30 Minuten sich noch verstärkt hat, habe ich doch einen Blick aus meinem Fenster gewagt. Von meinen Fenstern aus kann ich direkt auf ein überschaubares Parkplatzareal sehen, dort parkten zu diesem frühen und frischen Morgen etwa zehn Autos und es wurden Tische, Stühle und auch Grills um die Autos aufgebaut. Die meisten Personen trugen Kapuzenpullover und darüber Jacken, und die Kapuzen endlich mal zu ihrer eigentlichen Zweckbestimmung, auf dem Kopf, es war schließlich nur wenige Grad über dem Gefrierpunkt. Männer warfen sackartige Bälle auf eine mobile, kleine Rampe oder hissten Fahnen. An den Symbolen der Fahnen konnte ich als Laie erkennen, dass es sich um das lokale Footballteam, die Detroit Lions handelte. Spielbeginn war heute 13:00 gegen die Minnesota Vikings. Gegen 10:00 habe ich diese Szene mal fotografiert. Dann bin ich Joggen gegangen an die Riverfront. Auf dem Weg zum Wasser habe ich noch einige dieser Parkplätze mit denselben Szenen entdeckt. Parkgebührt heute wieder überall 20$ pro Tag, anstatt wie gestern, 2$. Anbei der fotographische Beweis, aus meinem Fenster aufgenommen.


Vor dem Spiel ist nicht viel los, auf der Flaniermeile an der Riverfront. Mir begegnen zwei weitere Jogger, die mir methaphorisch verdeutlichen, dass Amerika ein diveres Land,  „Free Country“ ist – so lange man die Regeln beachtet. Der erste könnte von der Statur ein Schwergewichtsboxer sein, er trägt einen Kapzenpullover von Everlast mit passender schwerer, langer Sporthose, das Gesicht tropfte vor Schweiss, es fehlte zur Abrundung meine Wahrnehmung nur noch das um den Stiernacken gelegte Handtuch. Der nächste, eine Minute später, kam mir in kurzer Hose und mit nacktem Oberkörper entgegen. Auch wenn es Nachts fast gefriert und morgens im Schatten kalt ist, darf man nicht vergessen, dass wir uns hier in etwa auf dem selben Breitengrad wie z.B. Rom befinden. Mich kann man sich übrigens als Mischung der beiden Sportfreunde vorstellen.
Beim Joggen habe ich über diesen Blog nachgedacht, ob die Vorgehensweise und Inhalte die Richtigen sind. Die bislang etablierte Vorgehensweise ist, dass ich nach dem Abendessen gegen 20:00 den Laptop aufklappe und drauf los schreibe, ohne Konzept, Stichworte oder Ähnlichem, ich schreibe runter, was mir gerade so einfällt. Wenn ich die Texte mit einem gewissen Abstand lese, werde ich mich wahrscheinlich nicht nur über Tippfehler wundern. Bei einem Tagebuch würde ich das zwar auch so machen, hier findet das Geschriebene aber unmittelbar die Öffentlichkeit – interessanterweise auch in England, Russland und Asien, wenn Google recht hat. Naja, bei dieser Vorgehensweise bleibe ich erstmal, wahrscheinlich auch nicht untypisch für Blogs.
Dann habe ich über den letzten Beitrag nachgedacht. Habe ich dem Fernsehen hier Unrecht getan. Sind meine getroffenen Bewertungen haltlos. Dann kam mir die Idee, die Urteilkraft meines moderierenden, virtuellen Fernsehfreundes, Guy Fieri, mal nachzuspüren. Die New York Times hat 2010 übrigens behauptet, dass seine Sendung zur Prime-time mehr männliche Zuschauer hat, als jeder andere Fernsehkanal. Ich vermute, es liegt an seiner wohlgenährten Statur, gepaart mit der jugendlichen, frechen Frisur, er trägt immer Kurzarmhemden und ist recht locker und Selbstbewusst mit seinen Gepflogenheiten. Z.B. spricht er bzw. gibt Töne des Goutierens von sich, wenn er die Speisen noch im Mund hat. Ich bin aber fest davon überzeugt, dass sein Timbre der Stimme beschehrt hat.
In meiner relativen lokalen Nähe hat Guy Fieri drei Diners, Drive Inns, Dives rezensiert. Ich entscheide mich, The Fly Trap in Ferndale heute Mittag aufzusuchen. Hier ist übrigens der Beitrag auf der Internetseite verlinkt:  http://www.theflytrapferndale.com/The_Fly_Trap/press.html
Einer der ganz wenigen Beiträge übrigens, in denen fleischlos und in kleineren Portionen gekocht wird. Um bei dieser Mission nicht aufzufallen, fahre ich vorher noch einen Laden an, der Detroiter Arbeitskleidung vertreibt und erwerbe ein kariertes Flanellhemd.
Mittlerweile schon ganz schön hungrig erreiche ich The Fly Trap gegen 14:00 Uhr. Die Ernüchterung: es ist kein Tisch mehr frei. Ich werde zu einer Stuhlreihe geführt, mein Vorname, den ich ohne Aufforderung gleich Buchstabiere, wird auf eine Wand geschrieben und nach knapp 10 Minuten wird mir dann ein Tisch zugewiesen. Weil man das Wasser aufgrund des Chlorgehalts in den USA kaum trinken und ich nicht immer Cola oder Fanta trinken möchte, bin ich zum Eistee-Trinker mutiert – und zwar ungesüßt. Ich muss sagen, hier habe ich den besten Eistee der USA getrunken. Klasse Aroma. Alle Lokale behaupten zwar, den Tee selber zu brauen, hier habe ich endlich mal das Gefühlt, das es so ist. Ich bestelle dann Hamburger des Hauses, weil ich da die besten Vergleiche habe. Die Wartezeit ist mit 30 Minuten für ein fine diner - wie es so schön heisst - einfach zu lange. Die Qualität allerdings delicious. Der Preis am Ende sehr moderat. Das kann man in der Tat weiterempfehlen.
Anschließend fahre ich knappe eineinhalb Stunden mit dem Auto nach Norden, nach Port Sanilac, am Lake Huron. Einer der Großen Seen.
Die Bäume tragen immer noch ihre schönen Blätter. Mein erster Halt ist im Lakeport State Park. Das klingt nach einer großen Anlage, umfasst aber in Wirklichkeit Parkplätze und Zugang zum See mit einem Strand von knapp 2-2,5 km. Im Sommer kann man hier Campen. Ich finde es im herbstlichen Sonnenniedergang auch schön, bin aber komplett alleine. Jetzt ärgere ich mich über mich selbst, dass ich das Zusammenspiel der Himmelsrichtung der Küstenlinie und den Sonnenverlauf am späten Nachmittag nicht bedacht habe. Für ein Foto schwierige Verhältnisse. Hier trotzdem ein Bild von Strand und See:

 Dann fahre ich weiter und möchte mehr vom See und dem Strand sehen. Es geht die Küstenstraße bzw. die nächste am Seeufer gelegene Straße  für etwa 20 Meilen  entlang, wofür ich mehr als eine halbe Stunde brauche. Ein Grundstück grenzt an das andere. Es ist mir schlicht nicht möglich, Zugang zum Wasser zu bekommen. Ich kann nur durch gering bewachsene Grundstücke das Blau des Wassers kurz aufflackern sehen. Für die Anwohner sicherlich toll, ein Grundstück direkt am Wasser und Strand zu besitzen, für mich schade. Hier ist die Gegend schon sehr dünn besiedelt. Die Häuser zeugen von einem für mich typisch amerikanischen Baustiel. In den kleinen Örtchen könnte man heute auch noch Wild-West-Filme drehen. Nur dass die Cowboys nicht mehr im Saloon, sondern bei Subway am Tresen stehen.
Auf dem Rückweg halte ich kurz vor Port Huron am Supermarkt. Mein erster Besuch bei einem Walmart. Ganz schön groß die Dinger und neben den Lebensmitteln ist die Abteilung für Fashion und Elektronik auch recht umfangreich. Dann finde ich eine spezielle Abteilung für Tarnkleidung und entdecke, dass man im Walmart auch Schusswaffen erwerben kann. Ich schätze, dass etwa 50 verschiedene Gewehre in einem Regal hinter einem Verkauftresen stehen, davor liegen gestapelte 25 kg-Säcke mit Körnern, um Wild anzulocken. Hier findet man wirklich alles Wesentliche, was man zum Leben so braucht.
Neben meinem Müsli erwerbe ich eine Packung Sugar Free LiveSavers Mint – Wint O Green. Da meine aus Deutschland importierten Fisherman’s Friend zur Neige gehen, brauche Ersatz im Auto. Von der Packungsaufmachung mit Pfefferminzblättern und Eiskristallen schien mir das die richtige Wahl zu sein. Wieder zurück im Auto öffne ich die Packung, sehe das jede Pastille wieder Einzeln eingeschweißt ist, dabei strömt mir ein beißender Geruch von Krankenhaus-Desinfektionsmittel in die Nase. Ich schiebe Geruch auf den im Übermaß verwendeten Verpackungskunstoff, öffne eine Pastille und schiebe mir sie während der Fahrt in den Mund. Sofort fängt die Zunge an zu brennen und ich stelle fest, dass ich mich geirrt habe. Der Krankenhaus-Desinfektionsmittelgeruch kommt nicht von der Verpackung, sondern ist nur als kleiner Teil vom Produkt durch die Einzelverpackungen  nach Außen diffundiert. Das Zeug ist die Hölle. Ich zwinge mich dazu, die Pastille komplett zu lutschen, vielleicht erwartet einen ja noch ein nachfolgendes Geschmackserlebnis. Das bleibt leider aus. Leute, die Packung geht so mit nach Deutschland zurück. Es ist noch für jeden Eins drin!

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