Freitag, 16. Oktober 2015

Der Einzug



Am Mittwoch, den 14.10. spät nachmittags, war es endlich soweit: Nachdem die Kaution und die erste Miete bezahlt war, wurde mir per E-Mail der Code mitgeteilt, mit dem ich ein am massiven Gitterzaun hängendes Schloss neben dem Apartmenthaus, öffnen konnte, in einem kleinen Kästchen des Schlosses befand sich ein Schlüsselanhänger, der die Haustür öffnet, den Fahrstuhl aktiviert sowie ein Briefkastenschlüssel, der nach Verwendung weitere Zugangsmechanismen für den Bewohner bereit hält, wie z.B. die Scheckkarte für die Einfahrt in die Tiefgarage. Für alle, die es interessiert oder mich mal besuchen möchten: ich wohne jetzt im Kales Building. Für weitere Informationen zum Gebäude verweise ich gerne auf http://kalesbuildingdetroit.com/.
Mein kleines (Einraum)- Apartment nimmt eine Flächenausdehnung von 584 Quadratfuß ein, also etwa 54 Quadratmeter. Dabei wurde gewiss die begehbare Kleiderkammer, die in Relation zum Rest der Unterkunft eigentlich viel zu groß ausfällt, wohl zu 100% als Wohnraum berücksichtigt. Auf dem Boden ist Eichenparkett im Würfelverband verlegt, die Decken sind 4,20 m hoch abgehangen.
Was mir sehr gut gefällt sind die vier großen Fenster zur Südseite, deren Bauart und Rahmen sicherlich aus Gründen des Denkmalschutzes erhalten wurden, die jedoch glücklicherweise heute mit Doppelverglasung versehen sind. Die Fenster sind horizontal in der Hälfte unterteilt, der untere Teil lässt sich über zwei, am unteren horizontalen Rahmen angebrachte Bügel mit beiden Händen fassen und nach oben schieben. Ein Kettenzug mit ratternden Geräuschen bei Bewegung, reduziert den notwendigen Kraftaufwand. Möchte man das Fenster schließen, zieht man den unteren Teil des FEnsters einfach wieder runter. Diese ästhetisch von mir geschätzte Bauweise hat einen Vor- und Nachteil. Der große Vorteil ist, dass man sich keine Sorgen machen muss über Schimmelbildung im Apartment. Die Fensterrahmen sind durch den jahrelangen Einfluss von Kälte und Wärme teilweise verzogen und schließen dadurch nicht mehr ordentlich ab. So habe ich einen super Luftaustausch, was morgens früh jetzt schon recht kalt sein kann. Ein Arbeitskollege hat mir den wertvollen, amerikanischen Tipp gegeben: lass doch die ganze Zeit die Heizung laufen. Dafür bin ich allerdings noch zu deutsch. Auf dem Rückweg von der Arbeit habe ich stattdessen das nächst gelegene Home-Depot, eine hierzulande bekannte Baumarktkette, angesteuert und 3m Fensterdichtung für 3,75$ erstanden, die ich dem einen Fenster im Schlafzimmer heute spendiert habe.
Was ich zu Hause in Deutschland auch haben möchte ist der „garbage disposer“, der auch hier in meinem Apartment vom Marktführer „insink-erator“ verbaut ist. Es handelt sich dabei um eine Art Mini-Häcksler, der unmittelbar unter dem Abfluss der Küchenspüle sitzt. Kommen mal etwas gröbere Essensreste in den Abfluss, lässt man etwas Wasser laufen und betätigt einen Schalter. Bei der Erstbedienung, ohne dass man weiß, wofür der Schalter ist, erschreckt man sich ein wenig. Super: man muss nie mehr mit den Fingern den Abfluss der Küchenspüle reinigen. Ich muss an Weihnachten zu Hause mal Maß nehmen, ob das nicht ein schönes Mitbringsel aus den USA wird.
Was ich hingegen sehr gewöhnungsbedürftig finde, ist die Bedienung der Duscharmatur. Was ich in den ersten anderthalb Wochen in drei verschiedenen Hotels vorgefunden habe, ist jetzt auch in meinem Apartment vorhanden. Die Regelung, dass Wasser aufgedreht wird, läuft über eine Welle mit der Temperaturregelung bzw. ist dieser vorgeschaltet. D.h. bevor man zum Einstellen der Wassertemperatur gelangt,  – klassisch, von kalt nach warm – muss die volle Wasserstärke aufgedreht werden. Über einen separaten Mechanismus lässt sich dann regeln, ob das Wasser aus dem Hahn der Badewanne, dem Duschschlauch oder dem festinstallierten Duschkopf kommen soll. Dass der ein oder andere nicht immer die volle Wasserkraft aufgedreht haben möchte, bevor er die Temperatur einstellt, geschweige denn, dass es gewiss auch ökologisch sinnvoll ist, mit weniger Wasser zu duschen als mit voller Wasserkraft, scheint hier fremd zu sein.
Gestern Abend wurde ich noch zu Beethovens 7. Sinfonie eingeladen, vorgetragen vom Detroit Symphonie Orchester. In einer Stadt mit über 80% Bewohnern afroamerikanischer Herkunft ist es irgendwie auch befremdlich im Konzertsaal zu sitzen, in dem sich knapp 98% der Zuhörer mit heller Hautfarbe befinden. Auch die vielen Mitbürger, die schon aus weiter Ferne dafür sorgen, dass man sich an den Ausdruck „Adipositas“ erinnert, fehlen hier. Befremdlich ist allerdings, dass alle Getränke – die in vielen Variationen mit Alkoholanteil feilgeboten werden –  in der zu kurzen Pause von 15 Minuten in Plastikgebinden ausgegeben werden und es auch üblich scheint, diese dann im zweiten Teil des musikalischen Vortrags zu genießen.    

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