Zu berichten gibt es so viel, dass die Zeit zum Schreiben nicht reicht. Also, los gehts...
Kurz zur Natur: Die
letzten drei Tage war ein tolles Wetter, jeweils über 70 Grad Fahrenheit, also
etwa 22 Grad Celsius – blauer Himmel und Sonne. Die Bäume tragen noch ihre
Blätter von hell Gelb bis Ocker, über alle Grüntöne bis zum dunklen Rot ist
alles in intensiver Farbenpracht vorhanden. Ich traue mich kaum meine Sonnenbrille
aufzusetzen, die den Farbkontrast noch weiter erhöht. Bevor die Blätter fallen,
muss ich unbedingt meine Kamera aus dem Koffer auspacken und versuchen diese
Szenen einzufangen. Regionsnamen nach Bäumen, vor allem der Eiche haben
definitiv ihre Berechtigung in “Metro Detroit“: Royal Oak, Oakland, Bloomfield
Hills etc.
Eindrucksvoll war auch schon
das Kapitel „Einzelhandel und Service“, das mich in den ersten drei Tagen
intensiv begleitet hat.
05.10.2015, nach knapp 9
Stunden Flug - angenehm von der Lufthansa durchgeführt, trotzdem leider schlaflos - gelandet in Detroit. Dann ab zur Firma und nach der Begrüßung der Kollegen
mein Fortbewegungsmittel, ein Ford Edge (3,5l – V6 – 269 PS) übernommen. Als
erstes dann zum nächsten “best-buy“
gefahren, um ein tomtom Navi zu kaufen. Mein Begleiter vor Ort berichtete von
einem Angebot, das er dort online gesehen: 5 Zoll Bildschirmdurchmesser hat für
ca.80$. Nachdem wir den Laden betreten hatten und vor der tomtom Auslage
standen, war ein 4,5 Zoll Bildschirmdurchmesser
tomtom für 89$ vorhanden und ein 5 Zoll für 119$, sowie weitere teurere
5 Zoll Geräte vor Ort. Als wir vor den Geräten standen kam schon nach weniger als
einer Minute zielstrebig ein junger Verkäufer im typischen Shop-Outfit auf uns
zu und fragte, nach den üblichen Höflichkeitsfloskeln (how are you doing today…oh
great…. where are you from…Germany, that’s awesome… ) wie er uns den helfen
könne. Auf den Hinweis, dass wir ein tomtom-Navi mit 5 Zoll Bildschirmdurchmesser und möglichst günstig zu kaufen beabsichtigen, gab er nur noch als Antwort “oh, wait a second”
und ging weg. Nachdem mehrere Minuten nichts passierte kam ein weiterer Verkäufer
und fragte, nach den üblichen Höflichkeitsfloskeln, wie er helfen könne. Wir
erläuterten, dass wir ein tomtom, 5 Zoll und günstig, kaufen wollten und online ein Angebot für ein
solches Gerät gesehen haben. Auf einmal stand ein dritter Beschäftigter neben
uns und begrüßte uns freundlich…. Um unsere Aussage auf Wahrheitsgehalt zu
überprüfen gingen die zwei zum nächsten Computerterminal und schauten auf der
Internet-Seite nach dem besagten Angebot. Nach mehreren Minuten
Internet-Recherche kamen Sie die 10 Schritte zurück und erläuterten, dass
dieses Angebot nur bei einem Online-Einkauf Gültigkeit besitzt und verwiesen
auf das 4,5 Zoll Gerät für 89$. Auf unseren Hinweis, dass der Bildschirm uns zu
klein erschien, machten sie uns auf weiteres Gerät, danebenstehend für 169$
aufmerksam, dass einen 5 Zoll Bildschirm hatte und boten uns dieses als
günstige Alternative an. Direkt daneben standen die 5 Zoll-Geräte für 119$ auf
die wir nun wiederum die Verkäufer aufmerksam machten. Hier konnte uns dann nur
freundlich beigepflichtet werden. Also entschieden: ich nehme es. Die beiden
Verkäufer begleiten mich zur Kasse. Auf dem Weg dorthin wurde ich gefragt, was
sie sonst noch für mich tun können. Ich äußerte den Wunsch eine Sim-Karte für
mein Iphone kaufen zu wollen. Vorab im Internet erkundigt, wusste ich, dass
AT&T der richtige Anbieter ist mit dem umfangreichsten Netz in den USA, der
einzige Anbieter mit der Möglichkeit UMTS für deutsche iphones zu nutzen und der
Möglichkeit das Telefon als hotspot für den Rechner zu nutzen. T-Mobile kann
das leider nicht bieten. Nachdem mein Wunsch ausgesprochen war, wurde ich zu
einem vierten Beschäftigten im Shop-Outfit geführt, der uns freundlich begrüßte
und sich erkundigte, ob es uns heute nicht großartig geht. Mein Anliegen habe
ich kurz erläutert und er empfahl direkt eine T-Mobile SIM-Karte. Auf meine
Frage, welche Tarifoptionen mir T-Mobile liefere, steuerte er zu einem EDV-Terminal
und suchte im Internet nach T-Mobile… Ich entgegnete, ich müsse mir das doch
nochmal überlegen. Dann ab zur einer der vier freien Kassen, um das tomtom zu
bezahlen. Obwohl kein anderer Kunde an den Kassen zu gegen war, erwischten wir leider die einzige, bei der schon seit einiger Zeit das Kartelesegerät defekt ist, was
aber erst nach mehreren Versuchen der Fachkraft einfiel.
Der von mir sehr
detailliert beschriebene Prozess hat sich in den darauf folgenden Tagen beim
Erwerb der SIM-Karte, bei der Wohnungssuche – auch mit Makler – wiederholt.
Am zweiten Tag habe ich
als einziger Kunde im lizensierten AT&T-Shop gute 50 Minuten für den Kauf
und die Freischaltung der neuen SIM-Karte benötigt, obwohl ich die Tarifoption
genau wusste. Trotzdem wurde im Internet mit mehreren Anläufen nachvollzogen,
was ich schon wusste. Ein Mitarbeiter stand die ganze Zeit (also bis zu diesem
Zeitpunkt gute 45 Minuten) neben uns, um schließlich den Ausdruck des Vertrages
aus dem Drucker zu nehmen und an den Verkaufstresen zu tragen.
Am dritten Tag, nach dem
mir ein Makler möblierte Wohnungen zwischen 2.800 und 4.000$ angeboten hat, die
ich allerdings erst in drei bis vier Wochen beziehen könne, angeboten hat, obwohl ich
betonte habe, dass ich eher heute als morgen ein Apartment suche, habe ich mich
intensiv selbst um die Recherche gekümmert. Aus der Suchmaschine „Apartment
Guide“ also möblierte Angebote der Region rausgesucht und die dazugehörige Nummer
angerufen. Bei meinem ersten Anlauf hat das Telefonat mit der freundlichen Dame
am anderen Ende der Leitung wohl reale 15 Minuten - und gefühlte 30 Minuten -
gedauert. Ich musste dabei meinen Vornamen, meinen Nachnamen, unseren Firmennamen,
meine E-Mail-Adresse usw. buchstabieren, erläutern, warum ich überhaupt eine
Wohnung suche und was ich so mache. Auf meine Nachfrage, ob ich denn die im
Internet gesehenen Apartments in der Anlage auch heute oder morgen verfügbar
seien, wurde mir dies bestätigt. Also habe ich für eine Stunde stpäter einen
Besichtigungstermin vor Ort vereinbart. Als ich mich dann mit der Floskel „ok, see
you in an hour“ verabschiedete, kam die Antwort, dass sie nicht vor Ort sei,
aber die Kollegen von ihr vor Ort informiert werden. Als ich dann pünktlich im
Office vor Ort war und überaus freundlich begrüßt wurde, erzählen durfte, wo
ich her komme (oh, Germany, that`s awesome!) und was ich hier zum Broterwerb
mache, kam dann die Ansage, dass ein möbliertes Apartment kein Problem sei und
wann ich es denn beziehen möchte. Auf meinen Hinweis, am besten gleich oder
morgen, kam dann die freundliche Antwort, dass dies frühesten in 6-8 Wochen
möglich sei. Ich verließ also darauf hin dass Office vor Ort und rief per
Mobiltelefon den Nächsten an…
Solche Einkaufs- oder
Service-/Beratungsvorgänge, die in Deutschland wahrscheinlich keine 5 Minuten
gedauert hätten, haben hier ein Vielfaches an Zeit und dazu teilweise noch
leider ergebnislos im Nirwana geendet.
Dass Zeit im menschlichen Leben ein begrenztes Gut ist, und der ein oder
andere auf absolut überflüssige Redundanzen und Makulaturen bei privaten
Einkäufen oder pesonenbezogenen Service-/Beratungsprozessen gerne verzichtet, scheint hier nicht
bekannt zu sein. Die Zeit des Kunden wird sehr gerne großzügig in Anspruch
genommen, auch ohne dass ein Ergebnis erzielt wird. Die Ineffizienz durch viel
zu viel inkompetentes Personal, das sich mit überflüssigen Informationen
beschäftigt, lässt sich für mich nur aus arbeitsmarktlicher Perspektive
rechtfertigen. Wieviele Arbeitsplätze könnten abgebaut werden und Arbeitslosigkeit
generiert werden, wenn Personal im Einzelhandel sowie bei Dienstleistungen
kompetent und in unserem Verständnis profitabel handeln würde. Nicht
auszudenken, was das für das Sozialsystem der USA bedeuten würde.
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