Donnerstag, 8. Oktober 2015

Ausschnitte aus den ersten drei Tagen



Zu berichten gibt es so viel, dass die Zeit zum Schreiben nicht reicht. Also, los gehts...
Kurz zur Natur: Die letzten drei Tage war ein tolles Wetter, jeweils über 70 Grad Fahrenheit, also etwa 22 Grad Celsius – blauer Himmel und Sonne. Die Bäume tragen noch ihre Blätter von hell Gelb bis Ocker, über alle Grüntöne bis zum dunklen Rot ist alles in intensiver Farbenpracht vorhanden. Ich traue mich kaum meine Sonnenbrille aufzusetzen, die den Farbkontrast noch weiter erhöht. Bevor die Blätter fallen, muss ich unbedingt meine Kamera aus dem Koffer auspacken und versuchen diese Szenen einzufangen. Regionsnamen nach Bäumen, vor allem der Eiche haben definitiv ihre Berechtigung in “Metro Detroit“: Royal Oak, Oakland, Bloomfield Hills etc.

Eindrucksvoll war auch schon das Kapitel „Einzelhandel und Service“, das mich in den ersten drei Tagen intensiv begleitet hat.
05.10.2015, nach knapp 9 Stunden Flug - angenehm von der Lufthansa durchgeführt, trotzdem leider schlaflos - gelandet in Detroit. Dann ab zur Firma und nach der Begrüßung der Kollegen mein Fortbewegungsmittel, ein Ford Edge (3,5l – V6 – 269 PS) übernommen. Als erstes dann zum nächsten  “best-buy“ gefahren, um ein tomtom Navi zu kaufen. Mein Begleiter vor Ort berichtete von einem Angebot, das er dort online gesehen: 5 Zoll Bildschirmdurchmesser hat für ca.80$. Nachdem wir den Laden betreten hatten und vor der tomtom Auslage standen, war ein 4,5 Zoll Bildschirmdurchmesser  tomtom für 89$ vorhanden und ein 5 Zoll für 119$, sowie weitere teurere 5 Zoll Geräte vor Ort. Als wir vor den Geräten standen kam schon nach weniger als einer Minute zielstrebig ein junger Verkäufer im typischen Shop-Outfit auf uns zu und fragte, nach den üblichen Höflichkeitsfloskeln (how are you doing today…oh great…. where are you from…Germany, that’s awesome… ) wie er uns den helfen könne. Auf den Hinweis, dass wir ein tomtom-Navi mit 5 Zoll Bildschirmdurchmesser und möglichst günstig zu kaufen beabsichtigen,  gab er nur noch als Antwort “oh, wait a second” und ging weg. Nachdem mehrere Minuten nichts passierte kam ein weiterer Verkäufer und fragte, nach den üblichen Höflichkeitsfloskeln, wie er helfen könne. Wir erläuterten, dass wir ein tomtom, 5 Zoll und günstig,  kaufen wollten und online ein Angebot für ein solches Gerät gesehen haben. Auf einmal stand ein dritter Beschäftigter neben uns und begrüßte uns freundlich…. Um unsere Aussage auf Wahrheitsgehalt zu überprüfen gingen die zwei zum nächsten Computerterminal und schauten auf der Internet-Seite nach dem besagten Angebot. Nach mehreren Minuten Internet-Recherche kamen Sie die 10 Schritte zurück und erläuterten, dass dieses Angebot nur bei einem Online-Einkauf Gültigkeit besitzt und verwiesen auf das 4,5 Zoll Gerät für 89$. Auf unseren Hinweis, dass der Bildschirm uns zu klein erschien, machten sie uns auf weiteres Gerät, danebenstehend für 169$ aufmerksam, dass einen 5 Zoll Bildschirm hatte und boten uns dieses als günstige Alternative an. Direkt daneben standen die 5 Zoll-Geräte für 119$ auf die wir nun wiederum die Verkäufer aufmerksam machten. Hier konnte uns dann nur freundlich beigepflichtet werden. Also entschieden: ich nehme es. Die beiden Verkäufer begleiten mich zur Kasse. Auf dem Weg dorthin wurde ich gefragt, was sie sonst noch für mich tun können. Ich äußerte den Wunsch eine Sim-Karte für mein Iphone kaufen zu wollen. Vorab im Internet erkundigt, wusste ich, dass AT&T der richtige Anbieter ist mit dem umfangreichsten Netz in den USA, der einzige Anbieter mit der Möglichkeit UMTS für deutsche iphones zu nutzen und der Möglichkeit das Telefon als hotspot für den Rechner zu nutzen. T-Mobile kann das leider nicht bieten. Nachdem mein Wunsch ausgesprochen war, wurde ich zu einem vierten Beschäftigten im Shop-Outfit geführt, der uns freundlich begrüßte und sich erkundigte, ob es uns heute nicht großartig geht. Mein Anliegen habe ich kurz erläutert und er empfahl direkt eine T-Mobile SIM-Karte. Auf meine Frage, welche Tarifoptionen mir T-Mobile liefere, steuerte er zu einem EDV-Terminal und suchte im Internet nach T-Mobile… Ich entgegnete, ich müsse mir das doch nochmal überlegen. Dann ab zur einer der vier freien Kassen, um das tomtom zu bezahlen. Obwohl kein anderer Kunde an den Kassen zu gegen war, erwischten wir leider die einzige, bei der schon seit einiger Zeit das Kartelesegerät defekt ist, was aber erst nach mehreren Versuchen der Fachkraft einfiel.
Der von mir sehr detailliert beschriebene Prozess hat sich in den darauf folgenden Tagen beim Erwerb der SIM-Karte, bei der Wohnungssuche – auch mit Makler – wiederholt.
Am zweiten Tag habe ich als einziger Kunde im lizensierten AT&T-Shop gute 50 Minuten für den Kauf und die Freischaltung der neuen SIM-Karte benötigt, obwohl ich die Tarifoption genau wusste. Trotzdem wurde im Internet mit mehreren Anläufen nachvollzogen, was ich schon wusste. Ein Mitarbeiter stand die ganze Zeit (also bis zu diesem Zeitpunkt gute 45 Minuten) neben uns, um schließlich den Ausdruck des Vertrages aus dem Drucker zu nehmen und an den Verkaufstresen zu tragen.
Am dritten Tag, nach dem mir ein Makler möblierte Wohnungen zwischen 2.800 und 4.000$ angeboten hat, die ich allerdings erst in drei bis vier Wochen beziehen könne, angeboten hat, obwohl ich betonte habe, dass ich eher heute als morgen ein Apartment suche, habe ich mich intensiv selbst um die Recherche gekümmert. Aus der Suchmaschine „Apartment Guide“ also möblierte Angebote der Region rausgesucht und die dazugehörige Nummer angerufen. Bei meinem ersten Anlauf hat das Telefonat mit der freundlichen Dame am anderen Ende der Leitung wohl reale 15 Minuten - und gefühlte 30 Minuten - gedauert. Ich musste dabei meinen Vornamen, meinen Nachnamen, unseren Firmennamen, meine E-Mail-Adresse usw. buchstabieren, erläutern, warum ich überhaupt eine Wohnung suche und was ich so mache. Auf meine Nachfrage, ob ich denn die im Internet gesehenen Apartments in der Anlage auch heute oder morgen verfügbar seien, wurde mir dies bestätigt. Also habe ich für eine Stunde stpäter einen Besichtigungstermin vor Ort vereinbart. Als ich mich dann mit der Floskel „ok, see you in an hour“ verabschiedete, kam die Antwort, dass sie nicht vor Ort sei, aber die Kollegen von ihr vor Ort informiert werden. Als ich dann pünktlich im Office vor Ort war und überaus freundlich begrüßt wurde, erzählen durfte, wo ich her komme (oh, Germany, that`s awesome!) und was ich hier zum Broterwerb mache, kam dann die Ansage, dass ein möbliertes Apartment kein Problem sei und wann ich es denn beziehen möchte. Auf meinen Hinweis, am besten gleich oder morgen, kam dann die freundliche Antwort, dass dies frühesten in 6-8 Wochen möglich sei. Ich verließ also darauf hin dass Office vor Ort und rief per Mobiltelefon den Nächsten an…
Solche Einkaufs- oder Service-/Beratungsvorgänge, die in Deutschland wahrscheinlich keine 5 Minuten gedauert hätten, haben hier ein Vielfaches an Zeit und dazu teilweise noch leider ergebnislos im Nirwana geendet.  Dass Zeit im menschlichen Leben ein begrenztes Gut ist, und der ein oder andere auf absolut überflüssige Redundanzen und Makulaturen bei privaten Einkäufen oder pesonenbezogenen Service-/Beratungsprozessen gerne verzichtet, scheint hier nicht bekannt zu sein. Die Zeit des Kunden wird sehr gerne großzügig in Anspruch genommen, auch ohne dass ein Ergebnis erzielt wird. Die Ineffizienz durch viel zu viel inkompetentes Personal, das sich mit überflüssigen Informationen beschäftigt, lässt sich für mich nur aus arbeitsmarktlicher Perspektive rechtfertigen. Wieviele Arbeitsplätze könnten abgebaut werden und Arbeitslosigkeit generiert werden, wenn Personal im Einzelhandel sowie bei Dienstleistungen kompetent und in unserem Verständnis profitabel handeln würde. Nicht auszudenken, was das für das Sozialsystem der USA bedeuten würde.

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